Um ein ökologisches Gleichgewicht und somit einen Lebensraum im Kleingarten herzustellen braucht es ein wenig Entwicklungszeit und ein paar Ecken, die den Besuchern Raum für das ganze Jahr geben- und nicht nur ein paar "Naschecken" in den Sommermonaten.
Der Lohn dafür werden viele unterschiedliche und zumeist auch freundliche Insekten sein, von Wildbienen über Hummeln, Schmetterlinge, Nachtfalter, interessanten Käfern, Libellen und vielem mehr. Dazu kommen die Tiere, die sich von dieser Artenvielfalt ernähren, wie z.B. Igel und Eidechsen.
Rosenkäfer, kein Schädling! |
Manche dieser Flächen helfen auch um "pflegeleicht zu gärtnern" und sind daher nicht nur für die Tiere interessant.
Welche Möglichkeiten hat nun also der Gärtner?
Im folgenden werde ich meine kleinen Projekte schildern und meine Beobachtungen teilen, die ich nach kurzen, aber auch längeren Zeiträumen machen durfte.
Teichjungfer auf Pampasgras |
Ein Segen für Mensch und Tier. Für den Gärtner, weil er sich ab sofort keine Gedanken mehr über dicke Äste und sperrige Holzabfälle mehr machen muss. Für die Tiere, weil sie das ganze Jahr über einen Unterschlupf angeboten bekommen- im Sommer als Versteck und potentielle Brutstätte für den Nachwuchs, in den kälteren Monaten zum überwintern. In der schattigen Totholzecke siedeln sich Blindschleichen, Kröten, Florfliegen, Schlupfwespen, Käfer, Schmetterlinge und viele mehr an. Die Insekten locken dann heimische Vögel an, die hier Nahrung finden.
Hier hatten sich heimlich Hummeln eingenistet- die Totholzecke befindet sich hinten rechts in der Ecke, das Nest ließ ich nach der Entdeckung in Ruhe. |
Hirschkäferweibchen- die Brut benötigt ausnahmslos Totholz |
Totholzhecke (sonniger Standort):
Hier ist die Ansiedlung der Besucher erwünscht, die es nicht ganz so feucht mögen. Die sonnige Totholzhecke bietet viel Schutz für die Tiere und lockt ebenfalls eine Vielzahl unterschiedlichster Insekten an. Meine Hecke entsteht seit dem letzten Frühjahr aus einer alten Thujahecke, die für mein Gewächshaus massiv eingekürzt wurde. Die verbleibenden Äste dienen nun als Gerüst für die aufzuschichtenden Tothölzer. Da die Hecke insgesamt nur eine Länge von ca. 1,50 m hat möchte ich hier ungerne von einer Benjeshecke sprechen. Bei Interesse und Platz lohnt es sich aber durchaus, die Benjeshecke zu googlen.
Wildbienenhotel:
Als ich vor vielen Jahren meine erste Begegnung mit einem Wildbienenhotel machen durfte war ich hochgradig erfreut und fand das richtig toll. Heute bin ich eher enttäuscht und versuche mein eigenes "Hotel" zu bauen. Bei meinen Recherchen fand ich heraus, dass die meisten Wildbienenhotels überhaupt nicht von den Insekten angenommen werden. Die Ausrichtung muss stimmen, die Hölzer müssen den Anforderungen entsprechen und alles klang eher kompliziert.
Ich habe jetzt in 2 dekorative, große Wurzeln viele Löcher in unterschiedlichen Größen hinein gebohrt. Alle so, dass kein Regen hineinfließen kann. Jetzt beobachte ich, ob die Insekten diese Plätze annehmen. Ein gutes Wildbienenhotel mit optimalem Standort sollte irgendwann viele verschlossene Löcher aufweisen- erst dann kann man von einer Annahme sprechen. Und wenn es nicht funktionieren sollte habe ich immer noch die große Totholzecke.
Gewässer:
Bei mir existiert noch ein kleiner, eher sich selbst überlassener Gartentümpel, in dem sich unfassbar viele Molche und mindestens ein Frosch angesiedelt haben.
Molch beim Luft holen |
Der große Frosch im kleinen Teich |
Libellen, hier Teichjungfern, bei der Paarung |
Insektenfreundliche Pflanzen:
Grundsätzlich sind heimische Arten zu bevorzugen. Diese sind perfekt auf unsere Witterungsverhältnisse eingestellt und haben die größten Chancen, sich dauerhaft anzusiedeln. Aber natürlich habe ich auch ein paar Exoten.
Wollschweber beim Sonnenbad |
Kapuzinerkresse:
Begonnen habe ich vor einigen Jahren mit der Kapuzinerkresse. Diese sehr dekorative Pflanze dient mir als Salatbeilage und bei Bedarf als natürliches Antibiotikum durch die enthaltenen Senföle.
Kapuzinerkresse unter Beerensträuchern |
Sie locken unfassbar viele Hummeln an, die komplett in den Blüten verschwinden können.
Dunkerote Kapuzinerkresse im Gegenlicht |
Minze:
Zwischen meiner Terrasse und dem angrenzenden Rasen (eher Wiese) habe ich verschiedene Minzsorten gepflanzt. In der Blüte sind sie Anziehungspunkt für alle fliegenden Insekten. Insbesondere die Tagpfauenaugen konnte ich im letzten August in einer großen Anzahl dort sehen. Aber auch, wie bei allen folgenden Pflanzen, Hummeln, Schwebfliegen und Bienen.
Tagpfauenauge auf Minze |
Tagpfauenauge auf Minze |
Ausschnittvergrößerung des Tagpfauenauges |
Am robustesten und wuchsfreudigsten ist eine Orangenmize, bei mir am wenigsten kultivierbar war die so genannte Mojito- Minze. Die Ananasminze ist mit ihren dekorativen, grün- weißen Blättern optisch sehr ansprechend und lockt viele grünschillernde Fliegen an.
Borretsch:
Ich mag die hübschen Blüten des Borretsch mindestens genauso gern wie ihn die Hummeln mögen. Borretsch ist eine sehr insektenfreundliche Pflanze, die aber im Überfluß giftig für Bienen zu sein schein.
Borretschknospe Makro |
Borretschknospen |
Borretschblüte |
Das sibirische Herzgespann:
Lockt eine revierverteidigende Wildbienenart an, die "Große Wollbiene". Diese Art verteigt "ihr" Herzgespann ab Spätsommer vehement gegen andere Insekten. Nichts für schwache Nerven: Die Wollbiene attackiert andere Bienen, indem sie sie mit ihrem Hinterleib rammt.
Kurze Verschnaufpause des Wächters: Die große Wollbiene |
Große Wollbienen Makro |
Sibirisches Herzgespann im Gegenlicht- was für eine Symetrie |
Spitze des sibirischen Herzgespanns |
Wilde Malve/ Hibiskus/ Stockrosen:
Mit meine Lieblingspflanzen im Garten. Sie blühen den ganzen Sommer über, die Malve sät sich immer wieder neu aus, ist mehrjährig und leicht beherrschbar.
Blüte der wilden Malve |
Feuerwanzen- harmlos und unschädlich- einfach nur da und immer in Aktion |
Die üppige Blütenpracht der wilden Malve |
Kleine Bienenpause Makro |
Hummeln im Hibiskus sehen bisweilen so aus als hätten sie sich in den Pollen gewälzt.
Lavendel:
Der Lavendel zieht während seiner Blütezeit Hummeln, Bienen und Kohlweißlinge an. Andere Schmetterlinge kann ich seltener beobachten, was aber vielleicht auch mit dem generellen Rückgang der Artenvielfalt zu tun haben kann.
Lavendel |
Schmetterlingsflieder/ Sommerflieder:
Dieser fedrig wirkende Strauch lockte in meiner Jugend unzählige Schmetterlinge an. Leider ist hier der Rückgang an Faltern am stärksten zu beobachten. Aber auch Hummeln und mit viel Glück ein Taubenschwänzchen sind am Sommerflieder zu beobachten.
Hummel auf Sommerflieder Makro |
Sonnenblumen:
Jedes Jahr säe ich an mehreren Stellen Sonnenblumen aus. Diese lasse ich dann bis zum nächsten Frühjahr als Vogelfutterquelle stehen. Sieht nach der Blüte nicht schick aus, aber da die Samen über den Herbst/ Winter herausgepickt werden, scheint das Futter angenommen zu werden.
Die Blüte hat sich erst unmittelbar vor dem Foto komplett geöffnet |
Biene auf Sonnenblume, übersät mit kleinen Pollen |
Kornblumen:
Kornblumen eignen sich mit ihren hübschen, blauen Blüten und ihrer langen Blütezeit wunderbar um Zwischenräume zu füllen.
Echte Kornblume |
Fetthenne:
Drei dicke Büsche stehen in meinem Garten und diese sind in der langen Blütezeit im Spätsommer über und über mit Bienen besetzt.
Irgendwie finde ich kein einziges Foto... naja, ich mag sie wohl nicht ganz so gerne, aber wer eine Lücke mit etwas pflegeleichtem füllen muss, dem sei sie angeraten.
Papageienblume:
Natürlich sind heimische Pflanzen zu bevorzugen... die Papageienblume möchte ich aber erwähnen, da sich auf ihr so viele Bienen einfinden, dass man meinen mag, ein Stock würde in unmittelbarer Nähe sein.
Bienen auf Papageienpflanze |
Die Frucht der Papageienpflanze |
Kräuter:
Bei allen Kräutern versuche ich so viele zu kultivieren, dass auch nach der Ernte noch ein paar Pflanzen zur Blüte kommen.
Kamille |
Sommerblumen, hier Mischungen:
Wenn es der Platz zulässt wird im Frühjahr hier und dort die ein oder andere Sommerblumenmischung gesät. Das Angebot ist vielfältig, vom japanischen Blütenteppich bis zur Sonnenblumenmischung gibt es ein reichhaltiges Angebot.
Ein Sommerblumenstreifen |
Je nach Garten gelingen nicht alle Saaten. Dann sollte man sich nicht entmutigen lassen und im Folgejahr einfach etwas anderes ausprobieren.
Kalifornischer Mohn |
Phacelia (fast immer immer mit dem Zusatz "der Bienefreund"):
Eine Pflanze zur Gründüngung und ein wirksamer Unkrauthemmer. Leider habe ich sie erst in diesem Herbst zum erstenmal ausgesät, daher gibt es (noch) keine Fotos. In der Imkerei wird sie als Bienenweide genutzt. Im nächsten Frühjahr werde ich die Grenzgebiete meines Gartens damit bepflanzen- in der Hoffnung, dass auch meine Erzrivalin, die Ackerwinde, ein wenig eingedämmt wird. Phacelia wird auch gegen Nematoden eingesetzt.
Brennesseln:
Jeder Garten sollte eine Ecke haben, in der Brennesseln gedeihen können. Ich mag sie auch nicht sonderlich gerne, sie haben fiese Wurzeln und schmerzen einfach nur- aber sie sind auch eine Hauptnahrungsquelle für viele Raupen, es kann eine Jauche damit angesetzt werden und sie sind als Düngepflanze einfach toll. Ähnlich wie bei der Minze sollte der Brennessel die Möglichkeit zur hemmungslosen Ausbreitung genommen werden- das ist leider nicht immer einfach, aber wenn es der Natur hilft...
Und sonst so?
Geschossenes Gemüse lasse ich noch ein paar Wochen stehen, damit auch hier ein Nahrungsangebot bestehen bleibt. Der Brokkoli z.B. blüht noch bis tief in den Herbst und auch Salatpflanzen bilden reichlich Blüten aus.
Biene an Brokkoliblüten Makro |
Gemeine Wiesenwanze- sie ist winzigklein und kein Schädling. Hier auf Brokkoliblüten Makro |
Es ist sehr traurig, dass so viele Insekten sterben! Aber ich hasse Mücken über alles!
AntwortenLöschenJa, in Sachen Mücken habe ich vielleicht einen Tipp... zwar nicht vorbeugend gegen den Stich, aber lindernd: Einen heißen Waschlappen oder Löffel (so heiß, dass man es gerade noch aushält und ohne sich ernsthaft zu verbrennen, ca. 45°C) kurz auf die juckenden Stellen drücken. Der Juckreiz lässt sofort nach, hat was mit den Eiweißmolekülen im Gift zu tun. Muss je nach Stich max. 2-4x innerhalb von 1-3 Tagen gemacht werden. Seitdem ich das so mache geht es mir bedeutend besser ;)
LöschenGanz toll geschrieben! Dankeschön
AntwortenLöschenVielen Dank, sehr gerne :)
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